Krieg, Verfolgung und Vertreibung sind ein Fakt: Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Für die SPD stehen beim Umgang mit der Fluchtmigration unsere humanitäre Verpflichtung und Solidarität immer im Vordergrund.
Ohne Wenn und Aber.
Doch der europäische Asylmechanismus auf Grundlage des Dublin-Abkommens ist ungerecht und funktioniert nicht mehr. Der Status quo, die Realität für geflüchtete Menschen in der EU, ist dadurch alles andere als gut. Ohne eine solidarische Verteilung von Geflüchteten in allen Mitgliedsländern wurden die Länder an den Außengrenzen alleine gelassen. Das führte dazu, dass diese Staaten mittlerweile kaum noch Registrierungen durchführen, sondern die Menschen einfach ziehen lassen — ohne irgendeine geordnete und solidarische Verteilung.
Wir haben deshalb immer auf eine Reform des europäischen Asylsystems gedrungen. Über viele Jahre mussten wir erkennen, wie die Haltungen in der Europäischen Union zum Asylverfahren auseinanderliefen und eine Einigung auf humanitärer und rechtsstaatlicher Grundlage schien zunehmend unrealistisch.
Nun ist es nach schwierigen Verhandlungen gelungen, im Europäischen Rat eine Einigung über die Kernstücke einer solchen Reform zu erreichen. Es ist unser klares Ziel, in allen Verfahren der Mitgliedsstaaten die Rechtsstaatlichkeit und die Humanität zu stärken, besonders vulnerable Gruppen zu schützen und dabei die Solidarität möglichst vieler Mitgliedstaaten zu sichern.
Die Einigung der Regierungen der EU-Staaten beinhaltet:
Einen festen europäischen Verteilschlüssel für Geflüchtete mit Aufnahmequoten und Regelungen zu Kompensationszahlungen für Staaten, die bei der Aufnahme von Geflüchteten nicht solidarisch handeln — dafür haben wir lange gekämpft und es ist ein großer Erfolg, dass die Einigung nun gelungen ist.
Registrierung und Prüfung direkt an den europäischen Außengrenzen
Darauf folgen für alle Geflüchteten rechtsstaatliche Verfahren, die nicht am Grundrecht auf Asyl rütteln:
Menschen mit einer hohen Schutzquote, die nicht dem Grenzverfahren unterfallen, werden auf der Grundlage des Verteilschlüssels in einem Mitgliedstaat aufgenommen und durchlaufen dort das übliche Verfahren. Dazu gehören z.B. auch die vielen Familien mit Kindern, die aus Kriegsgebieten wie Syrien oder Afghanistan flüchten.
Menschen mit geringen Chancen auf Asyl oder Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft durchlaufen ein rechtsstaatliches, aber beschleunigtes, Asylverfahren direkt vor Ort. Wer nicht in Europa bleiben kann, wird nach dem Grenzverfahren zurückgeführt, ggf. auch in einen sicheren Drittstaat, wenn dazu eine persönliche Verbindung besteht und eine Rückführung in das Herkunftsland nicht möglich ist.
Durch gemeinsame Mindeststandards zur Rechtsstaatlichkeit und einer menschenwürdigen für Unterbringung und Versorgung machen wir Schluss mit Elendslagern wie Moria.
Unbegleitete Kinder und Jugendliche sind von den Grenzverfahren grundsätzlich ausgenommen. Für die generelle Herausnahme weiterer Gruppen, insbesondere von Familien mit Kindern, werden wir uns im Trilog weiter mit voller Kraft einsetzen und sind zuversichtlich, dass das gelingt.
Für die Sicherstellung des Grundrechts auf Asyl und die Anwendung des internationalen Flüchtlingsrechts durch rechtsstaatliche Verfahren haben wir hart gekämpft. Auch, weil ohne eine Einigung das Europa der offenen Grenzen in akuter Gefahr wäre. Im nächsten Schritt wird sich jetzt das Europäische Parlament damit beschäftigen. Auch hier werden wir uns weiter in diesem Sinne einsetzen.
Die SPD arbeitet in dieser Bundesregierung daran, dass Deutschland ein modernes Einwanderungs- und Integrationsland ist. Das Chancenaufenthaltsrecht, das Fachkräfteeinwanderungsgesetz und ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht gehören dazu. Wir wollen mehr reguläre Einwanderung ermöglichen und Menschen sollen sich nicht in die Hände von Schleusern und auf lebensgefährliche Fluchtwege begeben.
Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems bedeutet jetzt ein Schritt in die richtige Richtung, weil sie erstmals ein System der verlässlichen Registrierung und der geordneten, solidarischen Verteilung geflüchteter Menschen in der Europäischen Union schafft. Bei den Grenzverfahren soll gelten: Sie finden nur Anwendung bei geringer Bleibeperspektive, sie gewährleisten menschenrechtlich und rechtsstaatlich saubere Verfahren und eine ordentliche Unterbringung. Ausgenommen von den Grenzverfahren sind unbegleitete Kinder und Jugendliche und Geflüchtete aus Kriegsgebieten.
Wir hätten gerne noch durchgesetzt, dass Familien insgesamt von den Grenzverfahren ausgenommen sind. Aber auch wenn wir die deutsche Position nicht an allen Stellen durchsetzen konnten, muss eines ganz klar sein: Ein Scheitern der Verhandlungen hätte verheerende Folgen gehabt. Bei einem Scheitern der Verhandlungen drohten geschlossene Grenzen innerhalb Europas und mehr Abschottung
Es ist aber auch klar, dass Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Europäischen Parlament weiter für diese Ausnahme kämpfen.
Und wir tun alles dafür, sie durchsetzen können.